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Was mir an den Engländern besonders aufgefallen ist, neben solchen schon erwähnten Eigenschaften wie mehr Geduld und Gelassenheit, sind die vielen Kinder und die dicken Frauen. Ich weiß natürlich nicht, ob mein subjektiver Eindruck repräsentativ ist. Den tieferen Gründen nachzuforschen, dazu reicht die Beobachtung nicht aus. Die langjährige Kennerin Englands, Caroline Goernand, schreibt über die Ehe in England. "Auf der Insel geht man auch Partnerschaftsfragen pragmatisch an: Nicht die tief verankerten Strukturen tastet man an, sondern die Formen des Verhaltens. Das positivistische Weltbild kommt mit ins Bett, und seit die lernfähigen Angelsachsen entdeckt haben, dass man an Partnerschaften arbeiten kann, tun sie es, solange die Kosten-Nutzen-Rechnung aufgeht. Manche zumindest versuchen es. Andere bleiben, wie sie sind. Nicht ohne Grund ist der Typ des married bachelor , des verheirateten Junggesellen, nirgendwo besser aufgehoben als im kühlen Klima der englischen Partnerschaftsetikette." (S.194) Die gewachsene innere Emanzipation der Frauen, der größere Respekt, den die Männer hier den Frauen gegenüber aufbringen, und ihre zunehmende wirtschaftliche Eigenständigkeit lassen anscheinend sie bestimmen, wie viele Kinder sie haben wollen - und das sind oft mehr als zwei, wie es in der kontinentalen Kleinfamilie üblich ist.
Englands Nachwuch: John Bull als Kleinkind. Er hat mindestens noch zwei Geschwister. John Bull ist der nickname der Engländer.
Vielleicht liegt es aber auch an der größeren "Distanz englischer Mütter zu ihren Kindern". Kaum war ich in einem großen Einkaufszentrum in Portsmouth, da sehe ich, wie eine Mutter ihrem widerspenstigen Kleinkind Schläge auf den Po versetzte - in Deutschland inzwischen eine Straftat. Wir sind ja bekannt als Land der Paragrafen, England dagegen hat noch nicht einmal eine Verfassung. Und Denunzianten soll es hier auch weniger geben.
Vielleicht sind die vielen Kinder auch bloß eine Sinnestäuschung. An der englischen Küste macht vor allem die working class Urlaub, weil sie sich einen Auslandsurlaub nicht leisten will oder Vorurteile hat. In den unteren Klassen gibt es aber mehr Kinder in der Familie als im Durchschnitt.
John Bull mit Freundin beim Seele tanken. Ein weiblicher Single mit Fotoapparat und einer gewissen Leibesfülle. Es ist eine Zufallsaufnahme, im Allgemeinen habe ich keine dicken Frauen fotografiert.
Dass die working class in den Badeorten überwiegt, erklärt vielleicht auch die vielen dicken Frauen. In unserem Bed and Breakfaest Haus in Torquay übernachtete auch ein junges Paar: Er schlank wie eine Gerte, sie betonte ihre Leibesfülle noch dadurch, dass sie ihr Handy an der Speckfalte wie einen Revolver trug. Eigentlich ist das Bild des schlanken Mannes, der stolz auf seine dicke Frau ist, weil er es sich leisten kann, sie so herauszumästen, eines aus dem Orient des 19. Jahrhunderts.
Wenn ein Mann eine Frau betrachtet, dann blickt er nicht nur in ihr Gesicht und auf ihren Busen oder den freigemachten Bauch, auch der Hintern wird taxiert - ob man will oder nicht. Deshalb fielen mir auch die dicken Frauenärsche auf. Neben der verbreiteten Geschlechterdistanz (z.B. Jungen- und Mädchenschulen, die Herrenklubs usw.) ist natürlich das englische Essen ein Grund für unterschiedliche Leibesfülle von Mann und Frau. Einige Frauen lassen sich gehen, sie dokumentiert ihre Emanzipation in Körperfülle.
John Bull mit Ehefrau kurz vor der Rente. Sie bestimmt die Richtung.
Einige sind ja der Meinung, die englische Küche hätte sich in den letzten 30 Jahren verbessert. Goernandt spricht sogar von einer Revolution. Und nach Jeffrey Archer soll es vor einiger Zeit nur ein halbes Dutzend französischer Restaurants in England gegeben haben, jetzt seien es 300. Leider habe ich keines davon an der Küste entdeckt. Die wenigen Restaurants, bei denen es mir geschmeckt hat, waren die von Italienern selbst geführten Pizzerien. Man kann aber nicht jeden Tag Pizza und Pasta essen.
Morgens isst du ein fettiges English breakfast: cooked food such as eggs, sausage and bacon, vielleicht sogar noch Fisch dazu. Gerade aber der volle Magen macht nach zwei Stunden wieder großen Hunger, weil er voll bleiben möchte, also suchst du dir ein Restaurant und isst zum Mittag eine fettige Pizza. Am Nachmittag läufst du herum und naschst von den Gummibärchen deiner Tochter oder gönnst dir einen süßen apple pie. Dann kommt der Abend und du willst nur einen Starter essen, am besten mit Zaziki, aber bei zwei Startern gilt einer als volle Mahlzeit und du musst ein volles Dinner essen, die englische Hauptmahlzeit. Also wieder ein überfüllter Magen.
Eines der Werke von John Bull: Ein Hovercraftschiff zur Isle of Wight. Auch mit vollem Magen wirst du darin nicht seekrank, weil es kaum schaukelt.
Gemüse? Obst? Vollkornbrot? Das gibt es nicht oder das bekommst du nur in Supermärkten, du musst diese Sachen also selbst zubereiten, was in den Englischen Bed and Breakfast Häusern unmöglich ist.
Nun sitze ich wieder zu Hause in Deutschland, schreibe diese Zeilen und hungere meine drei Kilogramm ab, die mir die englische Küche und Lebensweise draufgesattelt haben. Ich verstehe die dicken Hintern inzwischen besser.
In England sind die Frauen auf dem Vormarsch.
Ich liebe die Pickwicker. Einen von ihnen traf ich beim Forschen: Mr. Ogilvie. Er grub vor 70 Jahren in der Höhle "Kents Cavern" in Torquay Überreste steinzeitlicher Menschen aus. Leider waren seine Grabungsmethoden less scientific and less methodically wie üblich bei Amateuren.
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