Die Einfahrt in das Hochmoor. Herrlich einsame Straßen und viel Regen, als wir in Dartmoor waren. Jeder Stein steht hier unter Denkmalschutz.
Stell dir vor, du sitzt als Engländer im Büro und addierst acht Stunden lang Zahlenkolonnen. Dann kommst du nach Hause. Wie am Morgen, als du ins Büro fuhrst, ist der Nebel auf der Straße, du siehst weder die Sonne noch wird es richtig hell. In deiner Stube setzt du dich an deine elektrische Kaminattrappe und trinkst deinen Jack Daniel's Whiskey. Dann ist es fast zwangsläufig bei den traditionsbewussten Engländern, dass du Besuch von Deinen Vorfahren bekommst, die schließlich schon länger in dem cottage wohnen...
"Ghost are still seen and the process of legend-making has not stopped." Es wäre unhöflich, bei solchen Erzählungen leise Zweifel anzumelden. Der Reiseführer rät: Nicken Sie freundlich und denken Sie sich Ihren Teil. Das Milieu bestimmt den Charakter und nach dem dritten Jack Daniel's glaube ich auch an die Geschichten.
Auch meine Tochter ließ sich von den Geistern anstecken. Zwölfjährige Mädchen haben ein Fable für Geister und andere Absonderlichkeiten. Sie sind eben noch nicht durch die nüchterne Schule der Aufklärung und des Lebens gegangen wie wir Alten. Als angehende Schriftstellerin schrieb sie natürlich auch die Geschichten auf, die sie erlebt haben will. Leider wollte sie mir die beste Geschichte nicht zum Abdruck geben, aus Copyright-Gründen: Sie wollte alle Storys selber in einem Buch veröffentlichen. Da sie mir aber alles vorgelesen hat, kann ich eine Erzählung hier heimlich wiedergeben:
Sie schleicht sich nachts in Dartmoor aus dem Haus. Der Nebel kommt auf, als plötzlich ein Mann sie überfällt, der ihr ein Messer an den Hals hält. Als der Mann einen Moment nicht aufpasst, kann sie sich losreißen und fliehen. Er hinter ihr her, sie fällt. Plötzlich leuchtet ihr jemand mit der Taschenlampe ins Gesicht - es sind ihre Eltern. Nun fragt sie, ob das Erlebte wirklich passiert ist.
Ein kleiner Findling und Farnkraut. Schöne Natur zur Erbauung.
Solche Kirchen sollen 400 Jahre alt sein. Kein Wunder, dass darin die Geister wohnen.
Dartmoor gilt als dünn besiedelste Gegend Englands. Hier ist man nicht gleich wieder im nächsten Dorf. Kein Wunder, dass sich Räuber und Mörder aus dem Dartmoor Prison, wenn sie ausbrechen, hier verstecken. Und wie viel Spielfilme haben diese Kulisse benutzt... Auch als wir in das Hochmoor hineinfuhren, begegneten wir kaum Menschen - bis zum Dorf Widecombe in the Moor. Plötzlich waren wir mitten im Rummel der Dartmoor-Industrie. Ein Dorf mit fünf Häusern hatte drei Kaffees, vier Gift-Shops und ein Hotel. Jetzt wurde mir klar, warum Geister, das Prison und die Wildpferde so wichtig sind: Sie verbessern die finanzielle Situation dieser armen Gegend. Man muss mit seinen Pfunden wuchern. Sofort kam aber mein aufgeklärtes Bewusstsein wieder. Es gibt nämlich gar keine Geister. Diese Geschichten verdummen die Touristen, die auch noch dafür bezahlen.
Nur Leute, die täglich Zahlenkolonnen addieren, glauben an die alten Märchen. Ich lasse mich lieber von der modernen Madonna ablenken: "Like a Prayer". Nein, lieber doch nicht. Madonna glaubt an Spiritualistisches oder so.
Es sollen etwa 3000 Pferde in Dartmoor frei herumlaufen, Wildpferde sind es aber dadurch noch nicht, sie lassen sich streicheln. Das Füttern dagegen ist verboten, denn sonst ließen sie sich ja steicheln und wären keine wilden mehr.
Dieser Felsen heißt Haytor Rocks. Da, wo ich herkomme, sind solche Steine immer in den Schuh von Riesen gerutscht, die dann wütend den Stein dahin geschleudert haben, wo er noch heute liegt. Diese Erklärung sagt eigentlich nur, hier wäre der Zufall am Werke, was man sowieso annimmt.
Haytor Rocks aus der Perspektive des Gipfelstürmers. Man hat extra für die Touristen Stufen in den Felsen gehauen, damit auch die Dickbäuchigen wie ich hinauf kommen. Der Fleck etwas weiter unten ist der Parkplatz für die Touristen. Eintritt nimmt man allerdings noch nicht.
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